Strömungslehre

Die Strömungslehre oder auch Strömungsmechanik oder Fluidmechanik ist die Lehre des physikalischen Verhaltens von Fluiden. Unter dem Begriff Fluid versteht man Medien, welche sich unter dem Einfluss von Scherspannungen unbegrenzt verformen (Flüssigkeiten oder Gase).

Sie ist weiterhin ein Teil des theoretischen Maschinenbaus, sie findet ihre Grundlagen in der Kontinuumsmechanik, also der klassischen Physik.

Teilgebiete


Die Strömungslehre wird in mehrere Fachgebiete unterteilt, die sich mit verschiedenen Teilaspekten von Fluiden auseinandersetzen:

Fluidstatik ist die Lehre von (annähernd) ruhenden Fluiden
Aerostatik betrachtet:
die Schichtung der ruhenden Atmosphäre bzw. Erdatmosphäre.
Hydrostatik beschäftigt sich mit:
der Druckverteilung in ruhenden Flüssigkeiten,
den Kräften auf Behälterwänden,
der Ausbildung freier Oberflächen,
dem hydrostatischen Auftrieb und
der Schwimmstabilität von Körpern.

Fluiddynamik ist die Lehre von bewegten Fluiden
Aerodynamik betrachtet speziell das Verhalten von Körpern in Gasen, zum Beispiel in der Luft der Atmosphäre
Hydrodynamik (wird auch teilweise als Überbegriff im Sinne von Fluiddynamik verwendet)
Magnetohydrodynamik berücksichtigt die elektrischen und magnetischen Eigenschaften von Flüssigkeiten, Gasen und Plasmen und untersucht zusätzlich:
 die Bewegung unter Wirkung der vom Medium selbst erzeugten Felder,
 die Bewegung in äußeren Feldern.

Beschreibung der Strömung [Bearbeiten]

Innerhalb der Fluiddynamik werden Anwendungsfälle anhand von zahlreichen Kennzahlen beschrieben, die verschiedene Aspekte der Fluide abbilden. Diese Eigenschaften sind im Folgenden aufgeführt:

    * Verhalten des Fluids
          o inkompressible Strömungen
          o kompressible Strömungen werden in der Gasdynamik ausführlich behandelt
                + die Prandtl-Meyer-Strömungen
                + die Charakteristikentheorie
                + das Phänomen der Verdichtungsstöße und die Interaktionen mehrerer Stöße oder Prandtl-Meyer-Strömungen
    * Strömungsart
          o instationäre Strömung
          o stationäre Strömung
    * Strömungsform
          o laminare Strömung
          o turbulente Strömung
    * Art des Fluids
          o reibungsfreie Strömungen und
          o viskose Strömungen
    * Art des Leiters
          o Strömungen in Rohrleitungen
          o Strömungen in offenen Gerinnen
          o Sickerströmung

Nach diesen Eigenschaften und dem konkreten Anwendungsfall werden unterschiedliche Berechnungswege in der Fluiddynamik herangezogen, um eine Strömung zu beschreiben:

    * die Potentialströmungen und
    * die Wirbelströmungen (Strömungsinstabilitäten)

    * die Stromfadentheorie und
    * die Rohrströmung

    * die Grenzschichtströmung,
    * die Ähnlichkeitstheorie,
    * die Mehrphasenströmung: Im Bereich der Mehrphasenströmung werden Strömungen untersucht, welche Anteile aus Flüssigkeiten, Gasen und Festkörpern (z. B. Staub) besitzen können. Aufgrund von Wechselwirkungen der Phasen untereinander (z. B. Schlupf, Phasenübergänge) ist eine Berechnung der physikalischen Größen der Mehrphasenströmung meistens nur näherungsweise möglich. Es wird unterschieden zwischen:
          o Separierten Strömungen
          o Dispersen Mehrphasenströmungen

Ideales Gas

Im Modell des idealen Gases werden: alle Gasteilchen als ausdehnungslose Massepunkte angenommen, welche sich frei durch das ihnen zur Verfügung stehende Volumen bewegen können. Mit frei ist gemeint, dass die Teilchen keinerlei Kräfte verspüren. Allerdings dürfen (und müssen) sich die Teilchen untereinander und an der Wand des Volumens stoßen. Ein Gasteilchen bewegt sich also geradlinig mit einer konstanten Geschwindigkeit, bis ein Stoß es in eine andere Richtung lenken und dabei beschleunigen oder abbremsen kann.

Das Ideale Gas ist charakterisiert durch folgende Eigenschaften:
• Atome und Moleküle sind vernachlässigbar klein verglichen mit ihrem mittleren Abstand in der Gasphase. (Molekule eines idealen Gases besitzen kein Eigenvolumen)
• Die Gasteilchen üben keine Kräfte aufeinander auf, sie folgen den Gesetzen der klassischen Kinematik. Bei Stößen untereinander oder mit den Wänden wird Impuls und Energie ausgetauscht. Die Stöße sind elastisch.
• Alle Geschwindigkeitsrichtungen kommen gleich häufig vor.
• Führt man dem Gas Energie zu (Erhitzen, Stempeldruck), so ändert sich die kinetische Energie, d.h. die thermische Energie der Atome. Die mittlere Geschwindigkeit der Atome hängt von der Temperatur ab.
• Die Beträge der Geschwindigkeiten haben eine Verteilung um die mittlere Geschwindigkeit (Maxwell-Verteilung)
• Es liegen keinerleiWechselwirkungen zwischen den Teilchen vor


Ideale Flüssigkeit

Als ideale Flüssigkeit bezeichnet man in der Physik und der Hydrostatik und Hydrodynamik die idealisierte Modellvorstellung einer Flüssigkeit. Obwohl es eine starke Vereinfachung darstellt, lassen sich mit diesem Modell bereits viele physikalische Prozesse verstehen und mathematisch beschreiben.

    Eigenschaften

Die Eigenschaften einer idealen Flüssigkeit sind:


Viskosität
Die Viskosität ist ein Maß für die Zähflüssigkeit eines Fluids. Der Kehrwert der Viskosität ist die Fluidität, ein Maß für die Fließfähigkeit  eines Fluids. Je größer die Viskosität, desto dickflüssiger (weniger fließfähig) ist das Fluid; je niedriger die Viskosität, desto dünnflüssiger (fließfähiger) ist es.
Normalerweise wird mit dem Begriff Viskosität die Viskosität in Scherung verbunden, es ist allerdings auch möglich, die Viskosität in Dehnung zu messen.

    Definition der Viskosität 

Man stelle sich zwei im Abstand x angeordnete Platten der Fläche A vor. Zwischen diesen Platten befindet sich eine Flüssigkeit, die an beiden Platten haftet. In unserer Vorstellung soll der Raum mit der Flüssigkeit in Schichten unterteilt sein. Wird nun Platte 2 mit der Geschwindigkeit v bewegt, so bewegt sich die Schicht in unmittelbarer Nachbarschaft zu Platte 2 auf Grund der Haftung ebenfalls mit der Geschwindigkeit v. Da Platte 1 ruht, ruht auch ihre Nachbarschicht. Die innenliegenden Flüssigkeitsschichten gleiten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten aneinander vorbei. Die Geschwindigkeit nimmt von der ruhenden Platte zur bewegten zu. Im einfachsten Fall besteht eine lineare Abhängigkeit (siehe Abbildung). Von der obersten, an der Platte haftenden Schicht geht eine Tangentialkraft auf die darunterliegende Schicht aus. Diese bewegt sich folglich mit der Geschwindigkeit v1. Diese Schicht wirkt wiederum auf die darunterliegende Schicht und bewegt sie mit der Geschwindigkeit v2.

Im Experiment lässt sich zeigen, dass die Kraft F, die nötig ist, um Platte 2 zu bewegen, proportional zu ihrer Fläche A, ihrer Geschwindigkeit v und antiproportional zu dem Abstand der Platten x ist:

F \sim A und F \sim v und F \sim \frac{1}{x}.

Hieraus ergibt sich

F\sim\frac{Av}{x}

und als Gleichung

F= \eta\frac{Av}{x}.

Die Proportionalitätskonstante η ist die dynamische Viskosität. Häufig wird sie auch nur als Viskosität bezeichnet. Ein Stoff hat also die Viskosität 1 Ns/m², wenn bei einer Größe der Platten von 1 m² und einem Plattenabstand von 1 m eine Kraft von 1 N benötigt wird, um die Platten mit einer Geschwindigkeit von 1 m/s gegeneinander zu verschieben.

Für die physikalische Einheit gilt: 1{\rm N}=[\eta] \cdot\left(\frac{{\rm m}^2\,{\rm m}}{{\rm m}\,{\rm s}}\right) \Rightarrow [\eta] = \frac{{\rm N}\,{\rm s}}{{\rm m}^2}.

Ist η unabhängig von der Geschwindigkeit v, so wird die Flüssigkeit als Newtonsche Flüssigkeit bezeichnet. Für diese Flüssigkeiten stellt sich das in Abbildung 2 gezeigte, lineare Geschwindigkeitsprofil ein. Ist η von v abhängig, so bezeichnet man die Flüssigkeit als nicht-newtonsch.

    Newtonsche Flüssigkeiten

Im Folgenden wird der vereinfachte Zusammenhang gemäß dem newtonschen Viskositätsgesetz dargestellt, es wird dabei stets laminare Strömung sowie Temperatur- und Druckunabhängigkeit der Flüssigkeitseigenschaften angenommen. Außerdem unterstellte Newton eine lineare Abhängigkeit des oben erläuterten Geschwindigkeitsgradienten, der auch Schergeschwindigkeit \dot\gamma (manchmal auch mit D oder G bezeichnet) genannt wird:

\dot\gamma = \frac{\mathrm dv}{\mathrm dy}
Schubspannungs-Schergeschwindigkeits-Diagramm:

1: dilatantes Fluid
2: Newtonsche Fluid
3: Scherverdünnendes (pseudoplastisches) Fluid
4: Bingham-plastisches Fluid
5: Casson-plastisches Fluid


Viskosität verschiedener Flüssigkeiten in Abhängigkeit von der Temperatur



Viskosität verschiedener Gase bei Normaldruck


Viskosität von Stickstoff in Abhängigkeit vom Druck für verschiedene Temperaturen



Viskosität von Stickstoff in Abhängigkeit von der Temperatur für verschiedene Drücke

Verknüpft man dies mit der Schubspannung τ, erhält man folgenden Zusammenhang für die dynamische Viskosität:

\tau=\eta \cdot \frac{\mathrm dv}{\mathrm dy} \Rightarrow \eta = \frac{\tau}{\dot\gamma}

Die Schubspannung τ ergibt sich aus der die Strömung bewirkenden Kraft bezogen auf die betroffene Angriffsfläche, die sich mit maximaler Geschwindigkeit bewegt. η wird bei newtonschen Flüssigkeiten als Konstante angesehen. Darüber hinaus wird das Verhältnis zwischen der dynamischen Viskosität η und der Dichte ρ definiert als kinematische Viskosität.

kinematische Viskosität:    \nu = \frac{\eta}{\rho}          dynamische Viskosität:    \eta = \nu \cdot \rho

    Nicht-Newtonsche Flüssigkeiten 

Viele Substanzen folgen diesem Gesetz jedoch nicht, sondern zeigen ein zeit- oder schergeschwindigkeitsabhängiges Verhalten. Dabei unterscheidet man verschiedene Arten der Abweichung:

Derartige Fluide bezeichnet man als nichtnewtonsche Fluide.

Im allgemeinen Fall muss das Schergefälle \dot\gamma aus dem Scherwinkel in der Flüssigkeit berechnet werden und nicht über den Geschwindigkeitsgradienten.

    SI-Einheit

Die SI-Einheit der

dynamischen Viskosität: [\eta] = \frac{\rm Ns}{\rm m^2}
kinematischen Viskosität: [\nu] = \frac{\rm m^2}{\rm s}

In der Praxis wird für die dynamische Viskosität neben der Pa·s (Pascalsekunde) außerdem der tausendste Teil der SI-Einheit mPa·s (Millipascalsekunde) für Medien niedriger Viskosität verwendet.

Im CGS-System wird die dynamische Viskosität in Poise (P) gemessen, wobei 1 Ns/m2 = 1 Pa·s = 10 Poise und 1000 Centipoise = 1000 cP = 1 kg/ms, und die kinematische Viskosität in Stokes (St), 1 St = 10−4 m2/s.

Reynolds-Zahl

Die Reynolds-Zahl (Formelzeichen: Re) ist eine nach dem Physiker Osborne Reynolds benannte dimensionslose Kennzahl. Sie wird in der Strömungslehre verwendet und stellt das Verhältnis von Trägheits- zu Zähigkeitskräften dar (bzw. das Verhältnis von spezifischer Impulskonvektion zu Impulsdiffusion im System). Daraus ergibt sich, dass das Turbulenzverhalten geometrisch ähnlicher Körper bei gleicher Reynoldszahl identisch ist. Diese Eigenschaft erlaubt z.B. realitätsnahe Modellversuche im Windkanal oder Wasserkanal.

\mathit{Re} = \frac{\varrho \cdot v \cdot d}{\eta} = \frac{v \cdot d}{\nu}     mit  \eta = \nu \cdot  \varrho

Die einzelnen Formelzeichen stehen für folgende Größen:

Die charakteristische Länge, auch Bezugslänge genannt, kann prinzipiell frei gewählt werden. Beim Vergleich zweier Strömungen muss diese Länge jedoch gleicher Art sein. Bei Strömungskörpern wird als Bezugslänge üblicherweise die Länge des Körpers in Strömungsrichtung gewählt. Bei Widerstandskörpern ist die Breite oder Höhe quer zur Strömungsrichtung üblich. Bei Rohrströmungen Radius oder Durchmesser des Rohres, bei Gerinnen die Tiefe oder die Breite an der Gerinne-Oberfläche.